Orgel Tiefthal

Meisterwerk der Spätromantik

Die erste Aufzeichnung über eine Orgel findet sich in den Tiefthaler Kirchenbüchern im Jahr 1700. „Vor der Ernte ist die neue Orgel zu Tieffenthal angeschafft und gesetzt worden, sie kostete die Kirche und Gemeinde Tieffenthal 115 Reichsthaler und 6mal wöchentliche Kost von den Nachbarn für die Orgelbauer“, heißt es dort. 1827 wurde dann vom Orgelbauer Saalfelder aus Tonndorf eine neue Orgel gebaut. Dazu schreibt der damalige Tiefthaler Lehrer Zacher; „Am 7. Oktober 1827 wurde allhier die vom Orgelbauer Herrn Wilhelm Saalfelder aus Tonndorf für 850Taler neu erbaute achtfüßige Orgel mit zwei Manualen und 18 Stimmen von Herrn Musikdirektor Müller aus Erfurt genau revidiert, feierlich übernommen und das erste Mal zum Gottesdienst gespielt.“

70 Jahre später, im Jahr 1898, erfolgte schließlich der Einbau der heutigen Orgel. Der Gemeindekirchenrat beauftragte dazu die renommierte Werkstatt von Friedrich Ladegast in Weißenfels. Ladegast (1818-1906) gilt als der bedeutendste Orgelbaumeister des 19. Jahrhunderts – etwa vergleichbar mit Gottfried Silbermann in der Zeit des Barock. Er baute die seinerzeit größte deutsche Orgel im Merseburger Dom sowie die Orgeln im Dom zu Schwerin sowie in der Nikolaikirche in Leipzig. Die Kosten für die im neoklassizistischen Stil errichteten Tiefthaler Orgel mit 14 Registern und Kegelladen – registriert unter Opus 216 als Spätwerk des Meisters – beliefen sich auf 4000 Mark.

Wegen zahlreicher Abnutzungserscheinungen und Schäden musste der Spielbetrieb an der historischen Orgel in den 60er Jahren eingestellt werden, die musikalische Begleitung der Gottesdienste erfolgte seitdem auf einem Harmonium sowie ab 1990 auf einer elektronischen Orgel. Eine für 1991 geplante Reparatur der Orgel wurde zunächst wegen Finanzierungsproblemen aufgegeben.

Im Herbst 2005 konnte der Gemeindekirchenrat schließlich die umfassende Restaurierung der Ladegastorgel durch die Orgelbaufirma Rösel & Hercher aus Saalfeld in Auftrag geben. Alle 741 Orgelpfeifen wurden ausgebaut, inspiziert und – wo notwendig – repariert, nicht mehr erhaltene Teile rekonstruiert, sämtliche Lederteile erneuert sowie die Holzteile umfassend gegen Wurmbefall imprägniert und alle Metallteile mit Korrosionsschutz versehen. Die Herstellung in den Originalzustand kostete 42.599,14 Euro, von denen die Tiefthaler 16.560 Euro durch Benefizkonzerte und Spenden selbst aufbrachten. Jeweils 9000 Euro steuerten Denkmalamt sowie die Union evangelischer Kirchen und 7200 Euro der Orgelfonds unserer Landeskirchen für die Restaurierung bei.

Beim Festgottesdienst zur Wiedereinweihung am 8. April 2006 wird die Ladegastorgel nach 40jährigem Schweigen zum ersten Male wieder gespielt, einen Tag später geben KMD Prof. Matthias Dreißig (Orgel) und Michael Heinrich (Trompete) zu Ehren der wiederhergestellten Königin der Instrumente ein Festkonzert. Seitdem erklingt das historische Instrument nicht nur regelmäßig zu den Gottesdiensten, sondern ist auch mehrfach jährlich beliebtes Konzertinstrument für renommierte Organisten – seit 2010 auch im Rahmen des Thüringer Orgelsommers.

Da die Kirchgemeinde Tiefthal leider über keinen eigenen Kantor verfügt, ist sie zur musikalischen Gestaltung der Gottesdienste auf die Unterstützung durch externe Organisten angewiesen. Zu großem Dank verpflichtet ist der Gemeindekirchenrat daher Julia Flöricke (Tiefthal), Detlef Koball (Erfurt) und Olaf Werner (Tiefthal), die den Großteil der Gottesdienste musikalisch gestalten.

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